Service : Dies und Das
Dies und Das
Friedrich und die Sekunde zur Ewigkeit
Da die Feuerwehren zumeist sehr unmittelbar mit dem Schrecken und Leiden eines
Verkehrsunfalls konfrontiert werden, möchten wir an dieser Stelle über die
gesamte Dramatik und auch die Grausamkeit eines Unfalles berichten.
Leider entfallen ca. 48 Prozent aller Verkehrsunfälle mit Personenschaden auf
Personen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren!
Die häufigste Unfallursache ist überhöhte Geschwindigkeit; bei einem Drittel
aller Fälle ist Alkohol im Spiel.
An einem Freitag ereignen sich statistisch gesehen die meisten Unfälle mit
Sachschäden, "todsicher" - im traurigsten Sinne des Wortes - ist man an einem
Samstag zwischen 15 und 21 Uhr unterwegs.
Unser "Hauptdarsteller" heißt Friedrich, doch genauso gut könnte er anders
heißen - vielleicht genauso wie ...?
Sekunde 0
Friedrich fährt 90 km/h. Sein Auto wiegt 1.200 kg. Bei diesem Tempo stecken im
Auto 38.226 kg Translationsenergie (nach vorne in Fahrtrichtung strebende
Wucht).
Das entspricht der Wucht einer aus 2.000 Meter Hohe abgeworfenen 250 kg Bombe,
die mit einer Kraft (Gewicht) von 100 bis 300 Megapond (1 Megapond=1.000 kg) auf
hartes Pflaster knallen würde. Friedrich tut von sich aus noch 2.230 kg Energie
hinzu, weil er 70 kg wiegt und auch 90 km/h fährt. Soeben fährt er gegen einen
Baum.
Sekunde 0,1
Das Zehntel einer Sekunde ist vorbei. Stoßstange und Kühlergrill sind
eingedrückt, die Motorhaube beginnt sich zu kräuseln. Der Wagen hat etwa 5 km/h
an Fahrt verloren. Friedrich fühlt sich deutlich nach vorne gedrängt. Neben
seinem Gewicht, das mit 70 kg im Polster sitzt, hat er nun auch ein Gewicht nach
vorne von 170 kg. Friedrich macht die Beine steif, um dieser Neuigkeit im
wörtlichen Sinn entgegenzutreten. Und er drückt gegen das Lenkrad, damit es ihn
nicht aus dem Sitz hebt. Mit den Beinen stemmt er rund 156 kg ab, mit den Armen
stemmt er auch so 30 bis 35 kg. Er hätte nie geglaubt, dass er so stark ist,
aber es gelang ihm, noch sitzen zu bleiben. Da kommt der zweite harte Stoß. Noch
ehe er sich besinnen kann, ist sie vorbei, die
Sekunde 0,2
Die etwas härteren Teile des Fahrzeuges, Radaufhängung und Kühler, sind soeben
am Baum angekommen; die Verbindungen mit dem Wagen reißen ab, denn der übrige
Wagen fährt noch sehr schnell, insbesondere hinten mit dem Kofferraum.
Friedrich fühlt jetzt einen mächtigen Schlag auf den Beinen, denn der Teil des
Wagens, gegen den er sich mit den Füßen stemmt, wurde soeben auf etwa 60 km/h
abgebremst. Mit den Beinen stemmt er 350 bis 420 kg ab. Wollte er jetzt noch
sitzen bleiben, musste er mit den Armen 220 kg am Lenkrad ab stemmen, aber das
schafft er nicht.
Seine Kniegelenke geben nach, sie brechen einfach knirschend oder springen aus
dem Gelenk. Und deutlich spürbare Gewalt zieht ihn mit seinem Gewicht von rund
140 kg auf einer Kreisbahn nach oben in die Ecke der Sonnenblende. Alles in
allem verteilt Friedrich zurzeit insgesamt 413 kg Eigengewicht auf seine
Gliedmaßen.
Sekunde 0,3
Friedrich hat jetzt ein etwas leichteres Schicksal: Er ist mit Fliegen
beschäftigt, er ist noch unterwegs zu den Hindernissen. Seine gebrochenen Knie
kleben am Armaturenbrett, mit den Händen hält er krampfhaft das Lenkrad fest,
das sich unter seinem Griff elastisch biegt, und ihn um weitere 5 km/h abbremst.
Sekunde 0,4
Friedrich ist noch immer unterwegs, sein Becken stößt gegen den Lenkradkranz.
Friedrich ist in diesem Moment nur etwa 100 kg schwer. Die Lenksäule biegt sich
unmerklich nach oben. Da kommt der furchtbare Moment, indem der schwerste und
stabilste Teil des Wagens, der Motor, an den Baum kracht.
Sekunde 0,5
ist soeben vorbei. Motor und Friedrich stehen still. Nur der Kofferraum fährt
noch mit 50 oder 60 km/h. Die Seitenwände des Wagens überholen sich selbst. Die
Hinterräder bäumen sich zwei drei Meter hoch auf. Aber der Wagen interessiert
uns jetzt nicht: Was ist mit Friedrich in dieser Zeit passiert?
Friedrich kam im Verlauf einer Zehntelsekunde zum Stillstand. Sein Gewicht
wuchs auf 973 kg an. Mit dieser erbarmungslosen Gewalt wurde er auf die
Lenksäule geschleudert. Das Lenkrad, an dem er sich noch immer fest hielt, brach
unter dieser Stoßkraft wie eine morsche Brezel zusammen. Mit der Kraft von rund
870 bis 920 kg (je nach Starke des Volants) dringt die Lenksäule als stumpfe
Lanze in seine Brust. Gleichzeitig rammt der Kopf mit einem betäubenden Schlag
die Windschutzscheibe. Hätte sich Friedrich nicht mit so übermenschlicher Kraft
am Lenkrad festgehalten, dann würde er vielleicht auch 1.300 kg schwer geworden
sein, in diesem Moment. Und dabei wären ihm die festgeschnürten Schuhe von den
Füßen geflogen
Noch eine oder zwei Zehntelsekunden, dann ist Friedrich tot.
Nach sieben Zehntelsekunden steht der Wagen still. Das Unglück ist vorbei.
Sagen sie einmal "einundzwanzig" das ist eine Sekunde. Und nun sagen sie
"zwanzig":
Das ist die Zeit in die Ewigkeit für Friedrich gewesen...